Hintergrund:
Die Konzentration des Stresshormons Cortisol im Serum ist bei Alzheimer-Patienten im Vergleich zu gesunden Menschen im Durchschnitt erhöht und wird auf eine krankheitsbedingte Störung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse zurückgeführt. Dauerhaft erhöhte Cortisol-Konzentrationen erhöhen selbst das Risiko, an einer Alzheimer-Demenz zu erkranken und führen über eine Interaktion mit Mineralo- und Glucocorticoid-Rezeptoren in Nervenzellen zu Defiziten in Kognition und Gedächtnis.
Der Zusammenhang der Cortisol-Konzentration mit Veränderungen der Funktion neuraler Netzwerke bei der Alzheimer-Erkrankung ist kaum untersucht. Allerdings ist gut untersucht, dass die Integrität dieser Netzwerke im Verlauf der Alzheimer-Erkrankung zugrunde geht. Bislang ist unbekannt, ob erhöhte Cortisolspiegel aufgrund des direkten Einflusses auf neurale Funktion zum Zusammenbruch funktioneller Netzwerke bei Alzheimer-Patienten beitragen. Ein solcher Zusammenhang ist allerdings plausibel. Seine Charakterisierung soll eine Verbesserung der Diagnostik ermöglichen und einen neuen Ansatzpunkt für therapeutische Optionen bieten.
Ziel der Studie:
Mittels funktioneller Magnetresonanztomographie wurde die Hirnaktivität von gesunden Älteren und Alzheimer-Patienten gemessen. In der aktuellen Studie soll der Einfluss der Cortisol-Konzentration im Serum auf die Konnektivität von neuralen Netzwerken und auf die Gedächtnisleistung bei gesunden Älteren und Alzheimer-Patienten untersucht werden. Insbesondere soll geprüft werden, ob der Cortisol-Effekt die Gedächtnisleistung über die Alzheimer-bedingte Atrophie des Gehirns hinaus erklärt.
Zwischenbericht der Studie - November 2017:
Bisher wurden die Daten von 113 Probanden (gesunde alte Kontrollprobanden, gesunde junge Kontrollprobanden, Patienten mit subjektiven Gedächtnisbeschwerden sowie Patienten mit Alzheimer-Erkrankung) aus der COPCAD-Studie vorverarbeitet und erste Analysen gestartet.
Große Sorgfalt wird dabei auf Qualitätskontrollen und Beseitigung von Artefakten (z.B. durch Kopfbewegung oder Gefäßpulsation) gelegt.
Fokus der Analysen ist die funktionelle Konnektivität des Hippocampus mit neokortikalen Netzwerken. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Konnektivität zwischen dem Hippocampus und anderen, für das Gedächtnis wichtigen Arealen (Hippocampus der Gegenseite, Precuneus, lateraler inferiorer Parietallappen) in unserem Kollektiv sowohl bei Alzheimer-Patienten im Vergleich zu gesunden alten Probanden als auch bei gesunden alten Probanden im Vergleich zu gesunden jungen Probanden reduziert ist. Dabei zeigte sich, dass Alzheimer-Patienten im Vergleich zu gesunden alten Probanden signifikant erhöhte Serum-Kortisolspiegel hatten.
Den gesamten Zwischenbericht können Sie hier einsehen.
Abschlussbericht der Studie - Dezember 2018:
Zusammenfassend ist zu sagen, dass anscheinend erhöhte Kortisolspiegel nicht nur dafür sorgen, dass die Verbindung innerhalb gedächtnisrelevanter Netzwerken gestört wird, sondern auch dafür, dass die Aktivität in eigentlich hemmend auf die Kortisolausschüttung wirkenden Hirnregionen (präfrontaler Kortex) abnimmt, und somit u.U. eine Art Teufelskreis entsteht. Diese Ergebnisse befinden sich in Vorbereitung für eine weitere Publikation.
Die gewonnenen Erkenntnisse stellen einen wichtigen Baustein zum Verständnis der Zusammenhänge zwischen Stress, Depression, Angst und der Alzheimer-Erkrankung dar.
Den gesammten Abschlussbericht können Sie hier einsehen.
Die Ergebnisse der Studie wurden in einer Publikation in einer anerkannten Fachzeitschrift "Frontiers in Aging Neuroscience" am 12. Mai 2023 veröffentlicht.
Den Artikel finden Sie hier.